sound/idea Magazin

Das Magazin „sound/idea”, herausgegeben von Sven Lütgen über die Muthesius Kunsthochschule, ist eine Printpublikation, die aktuell (2023) in ihrer vierten Ausgabe erscheint. Das redaktionelle Konzept ist bewusst offen angelegt. Die eingeladenen AutorInnen, die größtenteils mit der Muthesius Kunsthochschule in Zusammenhang stehen, können sich Thema und Form im Einzugsgebiet Hören/Klang/Musik frei auszusuchen. Bewusst soll jedoch die pure Theorie und rein Dokumentarisches weitgehend draußen bleiben, und die Gewichtung auf sinnliches Material, Arbeitsansätze und den direkten Bezug zum auditiven Erleben gelegt werden. Im Ergebnis umfasst das Spektrum u.a. Essays, Interviews, Poesie, Introspektionen, Bildklangliches /Klangbildliches.

Vorwort zur erste Ausgabe (2015):
Unerhört
[…]
Aber natürlich ist das Musikalische im Zusammenhang des Hörens zentral und schon deshalb nicht aus kommunikativen Prozessen und Ästhetisierungen ausgrenzbar, weil die Kultur in der wir Leben mittlerweile wesentlich Populärkultur, und die allgegenwärtige Musik eines derer zentralen Leitmedien ist. Und auch, weil Musik oft sogar in stärkerer und emotionalerer Weise kulturelle und subkulturelle Codes, Befindlichkeiten und Handlungsmuster transportiert und repräsentiert, als es visuelle Codes in der Lage sind.
[…] 
Auch aus tiefgreifenderen Gründen ist an der Musik nicht vorbeizukommen. Wir Menschen sind musikalische Wesen wider Willen, denn Rhythmen, Melodien und Zusammenklänge bestimmen und durchwirken alle grundlegenden Bereiche unserer Existenz, von der körperlich-leiblichen Organisation und Koordination bis hin zur Sprache.
Und in diesem Sinne ist auch das Hören viel weiter zu fassen: als ein existenzieller Grundmodus (dessen physiologisches Hörorgan nur sein deutlichster Teil ist), als strukturierender Kognitionsvorgang eines In-der-Welt-Seins (gegenüber dem Sehen als eines Zur-Welt-Seins), als erweitertes Tasten, als direkter Draht zu unseren Emotionen und Erinnerungen, als Impulsgeber der Bewegungen, als Detektor feinster zeitlicher Verschiebungen, als atmosphärische Antenne und als Zugang zur Tiefe des Raums – auch dem der sprachlichen und musikalischen Koexistenz. 
[…]
Im Printmedium lassen sich zerstreute Dinge gut bündeln, fest- und nebeneinander stellen. Die Gestalter und Künstler als Autoren mag das Medium noch einmal zu einer anderen Art der Reflektion ihrer Themen anhalten – so wie es die Leser hoffentlich zur gesammelten aber auch unterhaltsamen Lektüre als einer Art inwendigen Hörens inspiriert. 

Nicht zuletzt ist der Herausgeber ein Liebhaber schöner Printpublikationen, auch in Weiterführung seiner herausgeberischen Tätigkeit in Düsseldorf als Mitbegründer des SITE Magazin- und Ausstellungsprojekts. […]

Sven Lütgen, 
Dozent für Sound/Intermedia an der Muthesius Kunsthochschule zu Kiel,  2015

Die Nacht um die Ohren geschlagen • Sind die meisten Träume klanglos? • Gesang als orales Gedächtnismedium • Rilkes „Ur-Geräusch“ • Maulwurf und Maus demonstrieren klangkünstlerisches Vorgehen mit Schallplatten a la Christian Marclay • Musikstraßen in Japan • Wie mache ich den Bass fetter? • Coverartwork – das Auge hört mit • Handy-Phantomvibrationen • Fake-Sprache beim Singen • Kompression als Lautstärkekrieg • Das sprachklangliche Charisma von Brechts „Hallo” • Geräusche nachts auf der Schute als „feine Musik” in Käutners “Unter den Brücken“ • Erleichtert der Gesang der Nachtigall das Sterben? • Musikhören mit Fieber • Noten statt Romanlektüre im Bus (wo sind wir, wenn wir Musikhören?) • Dialektanfälligkeit • Arbeitsmusik • Kulning in der Filmmusik von Tarkowski • Sind DJs Musiker? • Mein peinlichstes Lieblingslied • Tagebaugeräusche als wohlige Heimaterinnerung • Die besten Proberaumdialoge • Versprecher und Verhörer • Woher kommt dieser Ghettoslang, frag isch misch, Alta • Bis über beide Ohren • Lauschangriff • Pop und Authentizität • Darf man das sampeln? • Exotismus im Fieldrecording • Null-Toleranz für Schlager? • Kommunizieren Pflanzen über Klicklaute? • Wer hören kann, muss nicht fühlen • Subliminale Audiobotschaften • Der Wilhelmsschrei • Darf Olaf Henkel ein Beatles-Fans sein? • Kann man da das Rauschen rausfiltern? • Electronica zu Produktdesignfilmen geht immer • Klangduschen • Sweetspots und Singen unter der Dusche • Stiller Protest und laute Eintracht • Kann man darauf noch Tanzen? • Flirten mit der Telefonstimme • Einschlafen mit den Drei Fragezeichen • Entschuldigung, sie sitzen hier im Ruhebereich • Gibt es flächige Sounds? • Zahnreinigung aufgenommen mit In-Ear-Mikrofonen • Paranormale Tonbandstimmen • Aussterbende Klänge • Balzgesang und Soloimprovisation • Hören und Zugehören • Muezzingesang und christlicher Gotteslärm • *kochh, pechh, kekse-kekse* • Onomatopolemik • Hinter die Ohren geschrieben.
Text in sound/idea #1 (Umschlag innen)